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FWV-Schwieberdingen | Stellungnahme zum Haushaltsplan 2024

Stellungnahme der FWV-Fraktion zum Haushaltsplan 2024

Verehrte Zuhörerschaft,

dem österreichischen Theaterschriftsteller Johann Nepomuk Nestroy (1801 -1862) wird das Zitat zugeschrieben: „Die Phönizier haben das Geld erfunden – aber warum so wenig?“

In der jüngeren Vergangenheit haben Staaten bzw. deren Notenbanken große Anstrengungen unternommen, die „literarischen“ Versäumnisse der Phönizier zu kompensieren: Nahezu jede Krise – angefangen mit der Finanzkrise, über die Pandemie bis zum Energiepreisanstieg infolge des Ukraine-Krieges – wurde vor allem mit neugeschaffenem Geld bekämpft.

Dass das Drucken von Geld letztendlich unweigerlich zu Inflation und somit zu steigenden Preisen führen muss, haben wir in den vergangenen beiden Jahren erheblich zu spüren bekommen.

Die Auswirkungen für die Volkswirtschaft zeigen sich zunehmend auch bei Kommunen als unterste Stufe in der Kaskade Bund – Länder – Gemeinden. Im Haushalt spüren wir die Inflation vor allem auf der Ausgabenseite bspw. bei den Personalkosten, die mit einem zweistelligen Prozentsatz gegenüber 2023 ansteigen.

Wohingegen unsere größte Einnahmeposition – der Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer – sogar leicht rückläufig in der Planung ist.

Der Spielraum im Haushalt nimmt daher von Jahr zu Jahr ab:
Es wird gar zur Herausforderung – ohne Schlüsselzuweisungen aufgrund mangelnder Steuerkraft (für 2024 immerhin 6 Mio. EUR) - überhaupt einen ausgeglichenen Haushalt darzustellen. Dies erfordert vielmehr letztendlich eine Konzentration auf die Pflichtaufgaben.

Um mittelfristig aus diesem Dilemma herauszukommen, bleiben uns – wie jedem Privathaushalt – zwei prinzipielle Möglichkeiten: Ausgaben senken (sprich: Sparen!) UND/ODER Einnahmen erhöhen. Zum Sparen haben wir bereits letztes Jahr festgestellt, dass die einst temporäre HH-Strukturkommission schon eine ständige Einrichtung ist.

Persönlich ziehe ich zur Veranschaulichung solch trockener Themen gern Analogien zum Sport und bediene mich dabei dementsprechender Metaphern aus dem Fußball, weil das m.E. viele verstehen (→ 100 Tage bis zur EM: mit 80 Mio. Bundestrainern):

Unsere aktuelle Tabellensituation im Kreis-Steuer-Ranking mit Platz 37 von 39 erfordert, dass wir – wie eine Mannschaft im Abstiegskampf - mit härteren Bandagen spielen müssen und zwangsläufig auch unpopuläre Entscheidungen treffen. Knallharter Ergebnisfußball - statt Schönspielerei – bedeutet in der Realität, dass wir uns von liebgewonnenen „Schwieberdinger Standards“ verabschieden müssen.

Ohne zusätzliche Einnahmen wird es zu vielen weiteren Sparmaßnahmen kommen müssen, die uns richtig weh tun. Und dass wir es bislang nicht gewohnt sind, diesen „Abstiegskampf“ zu führen, zeigt sich u.a. daran, wie schwer es uns fiel, sinnvolle Kürzungen zu verabschieden: Soll heißen, dass wir z.B. nur das Senioren-Taxi „umgrätschen“, ist wahrhaftig kein Game-Changer und bringt uns in der Tabelle nicht voran. Zumal es nicht unser Anspruch sein kann und darf, dass wir uns künftig Jahr für Jahr mit einer HHS ums „ ganz kleine Karo“ kümmern.

Vielmehr müssen wir unsere Spielanlage neu ausrichten, sprich unsere ganze Herangehensweise hinterfragen und ändern.

In diesem Kontext lernen wir aus einem einfachen Grundgesetz der Natur: Alles, was nicht mehr wächst und sich nicht weiterentwickelt, degeneriert und stirbt letztendlich ab.

Also wenden wir uns der zweiten Alternative zu, die da heißt: Weiterentwicklung, um höhere Einnahmen erzielen (Blick in Richtung Internationaler Wettbewerb statt Abstiegskampf).
Beispiel vor der Haustür: VfB gestern noch Relegation, heute auf CL-Kurs (einen neuen „Coach“ haben wir ja schon bekommen...;-))

Die ersten, kurzfristigen Maßnahmen auf der Einnahmenseite sind dabei mitnichten „spielerische Highlights“. Vielmehr haben sie Ähnlichkeit mit dem Trainieren von Standardsituationen: Naheliegend und effektiv.

Die FWV bekennt sich dazu, dass wir in der HHS für die Erhöhung der Grundsteuer gestimmt haben: Mit einem Hebesatz von künftig von 400 % verschaffen wir uns kurzfristig zumindest etwas erweiterten Spielraum im Haushalt. Im Fußball würde man sagen: Wir verschaffen uns mehr Alternativen auf der Bank (-> bewusste Doppeldeutigkeit).
In der Tabelle der kreisweiten Hebesätze knüpfen wir damit Anschluss „ans hintere Mittelfeld“: Der Kreisdurchschnitt liegt bei 401%, wobei davon auszugehen ist, dass auch andere Kommunen erhöhen und wieder an uns vorbeiziehen.

Aber nicht nur unsere Bank, sondern unser kompletter Kader (inklusive Geschäftsstelle/ Management) muss breiter aufgestellt werden: In unseren Stellungnahmen der vergangenen Jahren haben wir
vier „strategische“ Handlungsfelder für die Zukunft benannt: (mit zugegebenermaßen unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten für uns).

1) Interkommunales Gewerbegebiet („Offensive“): Es dürfte die Wenigsten überraschen, dass wir hier mittelfristig - unseren wesentlichen Hebel auf der Einnahmenseite sehen: „Wir müssen schlichtweg mehr Tore schießen“. Weil: Für unsere ambitionierten Investitionsvorhaben (Stichwort: Herrenwiesen-Areal) sind höhere Gewerbesteuereinkünfte unerlässlich.

Allerdings sollten wir uns dabei nicht nur auf potenzielle „Neuzugänge“ fokussieren. Sondern vielmehr auch die Rahmenbedingungen schaffen bzw. optimieren, dass unsere eigenen Talente (bereits ansässige Unternehmen) sich perspektivisch weiterentwickeln können und Möglichkeiten bieten, dass sie hier vor Ort die notwendige „Spielpraxis“ sammeln können und nicht zu anderen Vereinen (Gemeinden) abwandern.

Bei diesem und beim nächsten Handlungsfeld - der Interkommunalen Zusammenarbeit - sitzen wir als Gemeinde (mit) im Cockpit und müssen unseren Gestaltungsspielraum ausschöpfen.

2) Interkommunale Zusammenarbeit („Defensive“): In langfristig erfolgreichen Teams verteidigen alle mit. Die interkommunale Zusammenarbeit intensivieren wir zwangsläufig mit dem IKG. Und daraus müssen sich – früher oder später - auch noch weitere Synergien für alle Beteiligten ergeben.

  • Z.B. in der „Transferpolitik“ (Fachkräftemangel) haben alle die gleichen Herausforderungen.
  • Eine potenzielle Synergie könnte – eines Tages - der Anschluss von Schwieberdingen an die Stadtbahn sein, den wir abermals ausdrücklich befürworten. Das wird jedoch ein finanzieller Kraftakt (Vergleichbar mit einem „Stadion-Neubau“). Für die damit zusammenhängenden Investitionen und Umlagen sind zweifellos ebenfalls höhere Einnahmen unerlässlich.
  • 3) Digitalisierung („Geschäftsstelle/Management“): Damit unser Kombinationsspiel mit der Wirtschaft und dem Bürger flüssiger wird, brauchen wir eine Digitalisierung, die einen Doppelpass mit einem massiven Bürokratieabbau spielen kann.


 Die vielbeschworenen „Deutschen Tugenden“ zeichnen sich in der Bürokratie leider eher dadurch aus, dass wir stets noch einen Schnörkel mehr – als von der EU gefordert – machen.
4) Bezahlbarer Wohnraum („Nachwuchsleistungszentrum“): Braucht jede Kommune, die vorne mitspielen will. Und strahlt z.B. auch auf die Personalgewinnung im Erzieherbereich ab:
Unsere KiTa-Situation hat sich durch verschiedene Maßnahmen etwas verbessert. Dennoch haben wir noch viele unbesetzte Stellen und können nicht allen Kindern einen KiTA- / Kindergartenplatz anbieten.

Und: Mögliche „Tranfersperre“ steht uns noch ins Haus: Das Damoklesschwert hoher Gewerbesteuerrückzahlungen auf-grund von Einsprüchen gegen Bescheide, die noch in die 2000er Jahre zurückreichen, schwebt weiterhin über uns. Deren Höhe ist schwer vorhersehbar, geschweige denn planbar. Zwar finden sich im Haus-halt einige „Quasi-Rückstellungen“. Je nach Umfang könnte dieses Thema unseren Spielfluss erheblich beeinträchtigen.

Stichwort „Platzwahl“: Keine unmittelbare finanzielle Auswirkung auf den Haushalt hat unse-re Zustimmung zu den beiden geplanten BOSCH-Windkraftanlagen und dem Bürger-Windrad. Wir befürworten deren Errichtung aller-dings auf der ursprünglich geplanten Fläche – entgegen dem neuesten Flächenausweis der Region.

Und gehen zudem mit der Hoffnung schwanger, dass unsere prinzipi-ell befürwortende Haltung zur Windenergie auch ein Beitrag sein wird, „der irgendwann Tore schießt“, sprich: unser Gewerbesteuerauf-kommen „beflügelt“.

Abschließend wollen wir noch das Ehrenamt würdigen: In der Analogie zum Fußball sehe ich diese Menschen als die „treuen Fans“ unserer Gesellschaft. Bürgerinnen und Bürger, die das Gemeinwesen unterstützen, weil sie dieses als wertvoll erachten.
Die sich oft selbstlos und mit Hingabe engagieren, weil sie Freude an diesem Engagement haben und deren Belohnung sich in dem Bewusstsein widerspiegelt, dass wir alle diesen „Support“ brauchen.

Für den Haushaltsplan 2024 ist es deshalb wiederum richtig, dass beim Ehrenamt – wie in der Kinderbetreuung - nichts gekürzt wurde. Allerdings bleibt erneut – sachlich kritisch - anzumerken, dass seit Jahren nominal gleichbleibende Zuschüsse angesichts einer hohen Inflation faktisch einer permanenten realen Kürzung gleichkommen (wie heute ein „Philipp Lahm-Weltmeistertrikot“ von 2014 verschenken!).

Zwar sehen wir aktuell wenig Erhöhungsspielraum, aber wir müssen zwingend überlegen, dass wir unsere große Wertschätzung für unsere gesellschaftliche Fan-Base - nicht nur verbal verstärken!

Wir bedanken bei dieser Gelegenheit für das vielfältige ehrenamtliche Engagement unserer Mitbürger! In Schwieberdingen wird im Ehrenamt Großartiges geleistet. Das ist der „Support“, den unsere Gesellschaft immer braucht.

Und auch für den „Support“ bei der Erstellung des Haushaltsplans danken wir allen Beteiligen für die umfassende und kompetente Arbeit sowie generell der Verwaltung für die konstruktive und angenehme Zusammenarbeit (Fußball-Slang: „Die Kabine steht hinter Ihnen“).

Fazit: Die FWV-Fraktion wird den Planwerken 2024 für Haushalt und Wasserwerk zustimmen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit („Und ich gebe zurück ins Funkhaus“)!

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